galicische Sprache und Literatur.

galicische Sprache und Literatur.
galicische Sprache und Literatur.
 
Das Galicische ist ein romanisches Idiom, das im Nordwesten der Iberischen Halbinsel gesprochen wird. Aus dem im Mittelalter sich nach Süden ausbreitenden Galicischen hat sich das Portugiesische entwickelt. Im Zuge der Reconquista und der Entstehung des unabhängigen Königreiches Portugal entwickelte sich das Portugiesische zur Nationalsprache, während das Galicische nur noch regional (spanisch Region Galicien) von Bedeutung war. Sprachlich sind beiden gemeinsam: Nichtdiphthongierung von betontem vulgärlateinischem offenem e und offenem o und die Palatalisierung von pl-, cl-, fl- zu ch. Syntaktisch ist der persönliche Infinitiv für das Galicische besonders charakteristisch. Einerseits sehr archaisch, enthält das Galicische andererseits zahlreiche Kastilianismen. Es ist heute neben dem Spanischen die offizielle Sprache Galiciens und wird in Schulen und Universitäten gelehrt. Da rd. 70 % der Bevölkerung dieser Region nur oder hauptsächlich Galicisch sprechen, ist es hier die Mehrheitssprache, der man sich bei politischen und kulturellen Aktivitäten sowie bei offiziellen Anlässen vorwiegend bedient.
 
Die galicisch-portugiesische Literatur erreichte ihre höchste Blüte im Mittelalter Sie umfasste v. a. Minnelyrik, die in den Cancioneiros gesammelt wurde. Auch spanische lyrische Dichter (u. a. König Alfons X., der Weise) schrieben im 12.-14. Jahrhundert in galicisch-portugiesischer Sprache. Im »Cancionero de Baena« (um 1445) setzte sich dann jedoch das Kastilische durch. Mit der Herausbildung des spanischen Einheitsstaates unter den Katholischen Königen wurde das Galicische als Amtssprache verboten. Es verlor damit auch seine Bedeutung als Literatursprache und war nur noch mündliches Kommunikationsmittel unterer und mittlerer Volksschichten. Erst die napoleonische Besetzung brachte mit einem neuen politischen Selbstbewusstsein wieder nennenswertes Schrifttum in galicischer Sprache, zunächst patriotische Schriften, in der Folge Lyrik, die europäischen Tendenzen (Klassizismus, Romantik) mit folkloristischen Zügen verband. Einen ersten Höhepunkt ereichte die neugalicische Literatur mit der Dichtung »Alborada« (1828) von Nicomedes Pastor Díaz (* 1811, ✝ 1863). Seit 1861 fanden jährlich Dichterwettbewerbe statt. Überragende Persönlichkeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Rosalía de Castro, in deren schwermütigen Versen die galicische Sprache wieder literarischen Rang erhielt. Von kulturellem und historischem Sendungsbewusstsein sind die Gedichte von Eduardo Pondal Abente (* 1835, ✝ 1917), Manuel Curros Enríquez (* 1851, ✝ 1908) und Valentín Lamas Carvajal (* 1849, ✝ 1906) durchdrungen. Für die Entwicklung der galicischen Prosa waren die Erzählungen von Juan Manuel Pintos y Villar (* 1811, ✝ 1876) wichtig, den ersten Roman in galicischer Sprache schrieb Marcial Valladeres Núñez (»Maxina, ou la filla espúrea«, 1880). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts manifestierte sich das wachsende kulturelle Selbstbewusstsein in der Gründung von Zeitschriften (u. a. »A nosa terra«, seit 1907), einer Akademie und durch die Rückbesinnung auf die mittelalterliche Cancioneiros. Von den Lyrikern dieser Zeit sind u. a. Ramón Cabanillas (* 1876, ✝ 1959), Eduardo Blanco Amor (* 1900, ✝ 1979), Luís Amado Carballo (* 1901, ✝ 1927), Manuel Antonio (* 1901, ✝ 1927) und Celso Emilio Ferreiro (* 1914, ✝ 1979) zu nennen. Die besten dieser Autoren versuchten in den 20er-Jahren Anschluss an europäische Entwicklungen zu finden. Unter dem Franco-Regime wurde jede Pflege regionaler Sprachen unterdrückt. Der bedeutendste galicische Autor des 20. Jahrhunderts, Á. Cunqueiro, schrieb nur seine frühe Lyrik in galicischer Sprache, leistete aber in seinen Romanen mit der Gestaltung galicischer Stoffe einen wesentlichen Beitrag zum Fortleben kultureller Identität. In der Gegenwart beschränkt sich galicische Literatur v. a. auf Lyrik (José Maria Alvarez Cáccamo, Xavier Rodríguez Baixeras), Kurzprosa (Alfredo Conde, José Luis Méndez Ferrín, Manuel Forcadela) und Essayistik (Manuel Rivas).
 
 
A. Couceiro Freijomil: El idioma gallego. Historia, gramática, literatura (Barcelona 1935);
 L. Carré Alvarellos: Gramática gallega (La Coruña 1967);
 P. Vázquez Cuesta: Literatura gallega, in: Historia de las literaturas hispánicas no castellanas, bearb. v. J. M. Díez Borque u. a. (Madrid 1980);
 
Sprache, Lit. u. Kultur Galiciens, hg. v. J. Kabatek u. A. Schönberger (1993).

Universal-Lexikon. 2012.

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